Die Geschichte des Brautkleids: Nicht immer ein Traum in Weiß
Auffallende Brautkleider sind mittlerweile von Hochzeiten ebenso wenig mehr wegzudenken wie Ringe oder die dreistöckige Hochzeitstorte. Obwohl heutzutage nach wie vor die meisten Brautkleider in Weiß oder Elfenbein gehalten sind, war dies nicht immer so: Während Brautkleider zunächst in bunten Farben leuchteten, waren schließlich auch schwarze Hochzeitskleider en vogue, bevor sich weiß als Farbe der Reinheit und Unschuld etablieren konnte. Mittlerweile kann Braut an ihrem schönsten Tag im Leben grundsätzlich alles tragen – wie dieser Wandel vonstattenging, verraten wir Ihnen in unserer Reise durch die Geschichte der Brautkleider.
Die ersten Brautkleider waren bunt
Überraschung: Ursprünglich heirateten Verliebte schon im alten Rom in bunten und leuchtenden Farben. Bräute trugen vor über 2.000 Jahren an ihrem großen Tag eine waden- bis knöchellange Tunika ohne waagrechte Seitennähte. Um die weibliche Körperform zu betonen, wurde der Braut ein Holzgürtel um die Taille geschlungen, der daraufhin mit einem doppelten Knoten – dem sogenannten Herkulesknoten – geschlossen wurde. Über der Tunika und dem Holzgürtel trug Braut im alten Rom eine leuchtend gelbe Stola und auch ein Schleier sowie farbig passende Sandalen durften bereits damals nicht fehlen. Nach der Hochzeitszeremonie zogen sich die Gäste schließlich zurück, woraufhin es die Aufgabe des frischgebackenen Ehemannes war, den Herkulesknoten seiner Gattin zu lösen.
Das erste Brautkleid der Geschichte, das heute noch erhalten ist, ist das Kleid von Isabelle Courtenay, der Tochter eines englischen Grafen. Ihr Kleid kann heute in der Kostümsammlung des Victoria & Albert Museum in London bestaunt werden: Isabelle Courtenay trug bei Ihrer Hochzeit mit Dr. John Andrew im Jahre 1744 eine Mantua aus Elfenbein-Seidenrips und einen Petticoat, dessen Muster aufwendig mit Blumen, Muscheln, Girlanden und Quasten im Rokoko-Design versehen wurde.
Im Mittelalter dominierten darüber hinaus eher bunte Farben – allerdings nur in den oberen Gesellschaftsschichten. Hochzeitskleider waren damals meist rot, grün oder blau und wurden in einem mantelartigen Schnitt aus hochwertigsten Stoffen wie Samt, Seide oder Gold- und Silberbrokat gefertigt. Selbstverständlich durften dabei auch aufwendige Stickereien und aufgebrachte Halbedelsteine nicht fehlen, um den Stand und den Reichtum der Braut deutlich zu machen. Bauern und Bürgerliche konnten es sich selbstverständlich nicht leisten, sich in solch hochwertigen Gewändern das Ja-Wort zu geben – deshalb mussten hierfür Alternativen gefunden werden.
Von Schwarz zu Weiß: Trendfarben im Wandel
Bürgerliche und Bauern heirateten ursprünglich in ihren “Sonntagskleidern”, da sie sich spezielle Gewänder für den Hochzeitstag nicht leisten konnten und da es seinerzeit verpönt war, ein Kleid nur zu einem einzigen Anlass zu tragen. Diese Sonntags- oder Festtagskleider waren seinerzeit jedoch meist schwarz – ganz im Gegensatz zur heutigen Tradition. Die Vorteile eines schwarzen Hochzeitskleides waren vielfältig: Es unterstrich nicht nur die Frömmigkeit der Trägerin, sondern es war darüber hinaus besonders leicht sauber zu halten und es konnte auch nach der Hochzeit zu verschiedenen Anlässen getragen werden. Alternativ zum schwarzen Kirchgewand trugen Bräute im Mittelalter nicht selten auch ihre regionalen Trachten.
Allerdings waren die bürgerlichen Bräute letztendlich nicht die einzigen, die in einem schwarzen Gewand heirateten: Im 16. Jahrhundert wurden durch den Einfluss des streng katholischen spanischen Königshauses schwarze Brautkleider auch für die oberen Gesellschaftsschichten tragbar. Brautkleider mit auslandendem Schleier und langer Schleppe wurden Trend, bevor gegen Ende des 18. Jahrhunderts Weiß zur typischen Farbe eines Brautkleides avancierte.
Bereits im 17. Jahrhundert heirateten Bräute vereinzelt bereits in weißen Gewändern – dies war bis dato allerdings noch eher die Ausnahme. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt sich weiß schließlich zur Trendfarbe – beginnend bei den Königshäusern über die oberen Gesellschaftsschichten und den Mittelstand bis hin zu den Bauern und Bürgerlichen. Der Grund für die Beliebtheit der weißen Hochzeitskleider war die symbolische Bedeutung der Farbe: Weiß steht für Reinheit und Unschuld – wünschenswerte Eigenschaften einer Ehefrau des 19. Jahrhunderts. Die Franzosen waren dabei die ersten, welche die symbolische Bedeutung der Farbe mit einem weißen Hochzeitskleid deutlich machten. Zu dieser Zeit war das Brautkleid durch ein enges Oberteil und eine schmale Taille mit Korsett definiert – das beste Beispiel hierfür ist das eindrucksvolle Hochzeitskleid der Kaiserin Sissi, die am 24. April 1854 in einem imposanten Traum aus Weiß vor den Traualtar trat.
Auch heute heiratet man oft in weiß
Bis heute hat der Trend angehalten: Nach wie vor heiraten Bräute in Weiß. Lediglich durch ihren Schnitt unterscheiden sich die Kleider seit Beginn des 20. Jahrhunderts voneinander. In den 20er Jahren heirateten Frauen in Brautkleidern, die vom Charleston-Look geprägt wurden. Die Kleider zeichneten sich durch schmale, gradlinige und androgyne Schnitte aus. Die teilweise geschlitzten Kleider dieser Zeit waren im Gegensatz zum bisherigen Trend besonders kurz, reichten teilweise nur noch bis zum Knie und zeigten dementsprechend viel Bein. Nach dem Kriegsende wandelte sich dieser Trend: In den 40er und 50er Jahren waren züchtigere Formen bei den langen und weiten Kleidern angesagt. Seinerzeit wurde das modische Bild auch in Bezug auf die Brautmode durch ausladende Petticoats mit weit schwingenden Röcken geprägt.
Im darauf folgenden Jahrzehnt spielten die Miniröcke, die von Mary Quant erfunden wurden, auch in der Brautmode eine wichtige Rolle: Brautkleider wurden noch kürzer und frecher gestaltet, bevor die 80er Jahre schließlich im Zeichen der “neuen Romantik” standen: Brautmode wurde wieder länger, die Taille rückte in den Mittelpunkt und aufwendig bestickte Roben wurden Trend. Lady Diana legte hierfür bei ihrer Hochzeit mit Prinz Charles den Grundstein für die Gestaltung zahlreicher Hochzeitskleider, die auch zahlreiche Bräute aus Königshäusern und “Bürgerliche” nach ihr trugen.
Heute wird am schönsten Tag im Leben getragen, was gefällt. Brautkleider sind mittlerweile in den verschiedensten Ausführungen und Schnitten erhältlich: Angefangen beim langen und fließenden Vintage-Hochzeitskleid mit Spitze über auslandende Roben mit langer Schleppe bis hin zum knielangen Kleidchen sind der Fantasie im Grunde keine Grenzen mehr gesetzt. Farblich dominiert zwar nach wie vor das unschuldige Weiß, doch auch cremige Farbtöne wie Eierschale, Elfenbein oder Ecru werden immer beliebter. Wer an seinem großen Tag ganz besonders auffallen möchte, der entscheidet sich für ein Brautkleid mit farblichen Akzenten, die durch Spitzenborten, eine lange Schleppe oder Stickereien gesetzt werden. Allerdings ist es dabei in der heutigen Welt auch keine Seltenheit mehr, in einem roten oder pinken Kleid zu heiraten – erlaubt ist, was gefällt!